Offene Briefe 2013

Vorstandschaft Aktion Solidarität

Aktion Solidarität

Tirschenreuth im Dezember 2013

Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler,
liebe Sponsoren, Mitarbeiter und Freunde,

Erster Advent - Weihnachten rückt näher - Zeit zum Nachdenken und Danken.
Ihnen allen für Ihre Hilfe, Ihre Zeit, Ihren Einsatz und Ihre Spenden, denn nur dank Ihrer Hilfe und Unterstützung konnten wir im Mai gleich 2 :Container mit Hilfsgütern beladen und auf den Weg nach Rwanda schicken und somit die Arbeit von Frau Dr. Düll und Pater Danko weiter unterstützen. Mit Nähmaschinen, Werkzeug, Schulmaterial und Schulgeld können wir jungen Menschen eine Ausbildung ermöglichen, damit sie dem Teufelskreis der absoluten Armut entkommen können. Mit Krankenbetten etc. konnten wir das Krankenhaus in Gikonko unterstützen und zur Einrichtung eines Heimes für behinderte Kinder und Jugendliche beitragen, die von den „Freundinnen der Armen“ (eine afrikanische Ordensgemeinschaft) betreut werden.
Pater Danko kommt uns noch im Dezember besuchen und wird sich persönlich bedanken (Einladung liegt bei). Von Frau Dr. Düll legen wir einen ausführlichen Brief bei, ebenso von Frau Irene Baumgartner aus Nairobi Kenya („The Nest“-Kinderheim).
Im Juli und November konnten wir je einen Transport in das Kosovo und nach Albanien schicken, wo auch weiterhin die Unterstützung von Familien mit mehreren Kindern, sowie alten und kranken Menschen notwendig ist. Gerne geben wir den Dank der Bedürftigen und der Schwestern an Sie weiter.
Unser besonderer Dank geht auch an alle Pateneltern für ihre Treue. An die Schulleitungen, Schüler und Kindergärten, die jährlich mit diversem Aktionen unsere Arbeit unterstützen und somit Kindern helfen, denen es mehr schlecht als gut geht. Mit der städt. Kita Neustadt/WN verbindet uns seit bereits 20 Jahren enge Freundschaft und Zusammenarbeit. Unser Dank geht an verschiedene Betriebe und Einrichtungen, die mit großherzigen Spenden unsere Arbeit mittragen, und nicht zuletzt an alle Mitarbeiter und Helfer, die in mühevoller Arbeit die Transporte vorbereiten und auf den Weg bringen. Auch allen Strickerinnen danken wir im Namen der Beschenkten für die schönen Wolldecken.
Allen ein herzliches „Vergelt’s Gott“. Wir zählen weiter auf Ihre Hilfe.

Ein frohes Weihnachtsfest in Frieden und Freude und ein gutes, gesegnetes neues Jahr wünschen Ihnen und Ihren Lieben

 Anneliese Müller, Günter Kopf, Geroldine Ondrusek



Dr. Uta Elisabeth Düll

Dr. Uta Elisabeth Düll

Weihnachten 2013

Liebe Freunde, Helfer und Sponsoren,
liebe Mitarbeiter der Aktion Solidarität,

in den letzten Jahren haben wir viel von Visionen und Träumen in Rwanda berichtet. In Kigali träumt man von einer Finanzmetropole, will das „Singapur Afrikas“ werden, die City soll nur noch aus Wolkenkratzern bestehen, je höher, desto besser: 15—20 Stockwerke oder mehr, Shoppingcenter, Convention-Center, Strom im ganzen Land, Universitätszugang für alle.
Die einfachen Häuser oder Hütten der Bevölkerung werden über Nacht von Bulldozern niedergemäht, die Chinesen ziehen große Boulevards durch diese Wüsten der Hauptstadt, stellen Straßenbeleuchtung auf, Ampeln mit Sekundenanzeige (wenn sie funktionieren), aber es fehlt an Investoren. Oder es stehen Bauruinen herum, wie z.B. ein riesiger Hotelbau in Kigali, dessen Bau steht, weil immer wieder die unbezahlten Bauabschnitte die Arbeit zum Stehen bringen. Strom für alle erfordert mehr Stromerzeugung, doch wenn die Wasserkraftwerke nicht fertig werden, weil die Kassen leer sind ... Der Traum wird zur Illusion.
In den Hügelregionen um Gikonko bleibt man in der Regenzeit besser zu Hause, weil die Straßen unpassierbar werden und man die Brücken genau kennen muss, damit man weiß, ob die Stämme auf der rechten oder linken Seite das Auto noch tragen. Der Traum von den Straßen in Kigali, für viele andere der Alptraum der Wege, die Realität auf dem Hügel. In Kigali gibt es immer mehr private Praxen, die aber nur reiche Patienten behandeln. Die anderen stehen auf der Warteliste der öffentlichen Krankenhäuser für einen OP-Termin oder einfach nur für eine Untersuchung auf Warteplatz 299 und werden immer wieder von anderen „mit Beziehungen“ überholt - obwohl jedes Jahr 100 junge Mediziner das Studium abschließen, obwohl 100 amerikanische Ärzte die lokalen Teams unterstützen und immer wieder Kollegen aus dem Ausland Kurzzeiteinsätze leisten. So ist nicht verwunderlich, wenn sich jeden Tag Patienten von weit her, selbst aus Kigali, bei uns vorstellen.
Wir in Gikonko lassen uns nicht blenden von den Träumen. Unsere Patienten konfrontieren uns mit den realen Nöten all deren, die bei dieser Vision nicht mitkommen oder vergessen werden. Patienten aus dem ganzen Land fragen bei uns an, warten oft mit viel Geduld. Wir tun, was wir können: Wir haben 98 Hydrocephalus Patienten, meist Säuglinge und Kleinkinder, operiert (eine deutsche Firma stellte uns das Material zur Verfügung). Besonders schön ist zu sehen, wie die Mütter während ihres stationären Aufenthaltes bleibende Kontakte zu anderen betroffenen Müttern knüpfen, sich gegenseitig ermutigen und unterstützen. Diese Müttern knüpfen, sich gegenseitig ermutigen und unterstützen. Diese „Psychotherapie“ geschieht fast ohne unser Eingreifen. Kürzlich sagte mir eine Mutter beim Abschied: „Ich brachte ein ‚Igisma (Monster)‘ und ich nehme ein Kind mit nach Hause.“ Sie hatte gelernt, auch ihr behindertes Kind zu lieben.
Leider sehen wir zunehmend auch Krankheiten, bei denen wir hilflos sind. Immer mehr kommen Patienten mit fortgeschrittenen Karzinomen zu uns. Oft bleiben uns nur schmerzstillende Maßnahmen, vor allem die Konfrontation mit der Wahrheit. Keiner eröffnet den Menschen diese Diagnose, so dass die ganze Großfamilie all ihre Habe zusammenlegt oder sich verschuldet, um eine weitere Behandlung zu finanzieren, Viele sind letztlich dankbar für diesen Dienst. Mit vielen bleiben wir noch lange in Kontakt, wenn die Familie regelmäßig Schmerztabletten bei uns abholt.
Auch wenn Rwanda eine Krankenversicherung (Mutuelle) für alle einführte, ist sie für kinderreiche Familien nicht zu bezahlen. Das Problem bei den unversicherten Patienten ist dann nicht nur, das wir nicht bezahlt werden, sondern viel schlimmer: Wenn wir überweisen müssen (z.B. für ein CT oder RTG im Distriktkrankenhaus) kommt die Ambulanz nicht. So sind wir froh, wenn wir durch die Hilfe unserer treuen Spender motivierten Familien „Work For Mutuelle“ anbieten können. Das heißt, sie können sich für einen kleinen Arbeitseinsatz auf den Feldern, Reinigungsarbeiten etc. ihre „Mutuelle“ erarbeiten. Arbeit gibt es immer.
Auch wenn in Kigali Hochhäuser und Villen gebaut werden, so sind bei uns viele Familien, v.a. alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern ohne Haus. Sie kampieren bei anderen, nicht selten im Stall, oder erkaufen sich ein Dach über den Kopf mit „anderen Diensten“. Auch hier halfen uns unsere Freunde zu helfen. Wir konnten einfache Häuser bauen, wie z.B. für Francina mit ihren 6 Kindern. Sie kampierten in einem Hinterhof in einem kleinen Zimmer. Sie schickte die großen Kinder in die Schule und arbeitete als Tagelöhnerin, um für die Kinder wenigstens einmal am Tag zu kochen. Dennoch entwickelte die Jüngste die „Kwashiokor-Krankheit“ und kam ins Krankenhaus. Dadurch erfuhren wir von all den Nöten. Eine Spende zur rechten Zeit ermöglichte uns, der Familie zu helfen. Francina hilft mit beim Bau, die Kinder schleppen Wasser und Sand herbei, damit IHR Haus schön wird.
Das Gesundheitszentrum war dieses Jahr noch geprägt von Bau- und Umbaumaßnahmen, und unser Alltag blieb sehr turbulent: Der Laborbau ist fast einzugsbereit. Die Pfarrschule hat bald ihren fünften Block mit jeweils 4 Klassenräumen. Mal sehen, wer den letzten Bau unterstützt?
Unser Team ist in diesem Jahr um 2 Mitschwestern angewachsen, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Jacqueline ist nun diplomierte Hebamme und hauptverantwortlich für die Frauenklinik.
Am Schluss meines langen Briefes möchte ich Ihnen allen für Ihre Hilfe danken und Sie weiter um Unterstützung bitten: z.B. für Medikamente, für Nahrungsmittel für unterernährte Kinder und Langzeitpatienten im Hospital, für den Beitrag zur Krankenversicherung oder für den Bau der Häuschen für die Bedürftigen. Bitte bleiben Sie uns treu!
Mit unserem ganzen Team, unseren Patienten und Kindern wünsche ich Ihnen noch eine besinnliche Adventszeit und ein frohes, gesegnetes Weichnachtfest. Möge das Göttliche Kind Sie und Ihre Lieben auch im kommenden Jahr begleiten und beschützen.

Ihre
Uta Elisabeth Düll



Irene Baumgartner

Pater Danko

Weihnachten 2013

Liebe Freunde unserer „Nest-Kinder und Mütter“.

Zuerst will ich von den Kindern erzählen, denn sie sind es, die uns zusammenführen und immer wieder ermutigen und antreiben. Wir haben immer ein volles Haus, 85 Kinder und 16 Säuglinge leben im NEST. Die meisten sind fröhlich und vergnügt, auch wenn viele ab und zu zeigen, wie sehr sie ihre Mamas vermissen. Wir versuchen, so oft wie nur möglich, Besuchstage in den Gefängnissen zu organisieren, so dass die Mütter nicht gänzlich aus dem Leben ihrer Kinder verschwinden. Die meisten Mütter sind wegen kleinen Verstößen im Gefängnis, die sie aus ihrer Notlage heraus begehen.
Richtig Sorgen macht uns zurzeit nur ein 3 Wochen altes Mädchen. Es ist im Krankenhaus und es geht ihm gar nicht gut. Es hat sich wohl eine Infektion zugezogen, nachdem es am Straßenrand abgelegt wurde.
Unser Half-Way House ist mit 8 Frauen und Kleinkindern voll belegt. Sechs der Frauen wurden auf Bewährung freigelassen, sie waren im Gefängnis wegen Kindesvernachlässigung. „Kindervernachlässigung“ kann man in vielen Fällen durch das Wort „Armut“ oder „Resignation“ ersetzen.
Die soziale Schere klafft in Kenia immer weiter auseinander. Wie schon letztes Jahr im Rundbrief beschrieben, wird viel Geld für große Villen, Büros und Limousinen oder teure Reisen der Politiker oder noch teurere Prestigeobjekte ausgegeben. Jedes Jahr werden die Steuern erhöht, Immobilienmarkt und Investmentmarkt boomen, und es entstehen immer neue riesige Einkaufszentren. Gleich neben uns, sozusagen Zaun an Zaun, entwickelt sich gerade vor unseren Augen ein Luxusviertel namens „Two Rivers“. Bauherr: eine Börsenmaklerfirma. Bauausführung: chinesische Firmen! Wer Lust hat, kann sich das im Internet http://www.skyscrapercitv.com/showthread.php?t=1564413 anschauen! Wer ganz genau hinsieht, kann unser Half-Way House in der rechten unteren Ecke erkennen. Ein Gebäude mit rotem Dach, das wie eine „Eins“ geformt ist. Ein kennzeichnendes Projekt für dieses Prestigedenken ist, dass ab Januar 2014 alle 6jährigen Kinder einen solarbetriebenen Laptop zum Schuleintritt erhalten sollen. Die Kehrseite dieser Entwicklung: die Armen, vor allem die Landbevölkerung wird immer ärmer. Und deshalb wandern die jungen Leute in die Städte ab.
Neulich fuhren unsere Sozialarbeiter nach Maquweni, etwa 180 km außerhalb von Nairobi, um einen Hausbesuch bei der Familie von Joanne zu machen. Joanne war nach Nairobi gekommen, um Arbeit zu suchen. Ihre 3 und 4 Jahre alten Kinder ließ sie bei den Großeltern zurück, die bereits vier weitere Kinder ihrer verstorbenen Tochter zu versorgen hatten. Und wie es so oft passiert, Joanne fiel auf einen Mann herein, der ihr vieles Versprach und nichts davon ernst meinte. Als die Zwillinge zur Welt kamen, wohnte sie, geduldet, bei einer Freundin im Slum. Sie hatte weder genug zu essen, noch die Mittel, um die Kinder ausreichend zu versorgen. Irgendwann lief sie von der Hütte weg, und als sie nach 2 Tagen zurückkehrte, wurde sie verhaftet. Die Babys kamen in ein Kinderheim und sie ins Gefängnis. Dort traf sie nach einem Jahr unsere Sozialarbeiterin. Die setzte sich dafür ein, dass Joanne vorzeitig auf Bewährung entlassen wurde. Die Bewährungszeit kann sie nun im NEST verbringen.
Jetzt ruht sie sich erst einmal aus, es gibt genug zu essen und einen kleinen Privatbereich und auch mal Spaß mit den anderen Müttern. Aber was am Wichtigsten ist: sie hat endlich Zeit für sich und ihre Kinder. Die sind inzwischen 1,5 Jahre alt und allerliebst. Als sie aus dem anderen Kinderheim, in dem sie ein Jahr verbracht hatten, zu uns kamen, waren sie unterernährt, hatten Hautausschläge und weinten sehr viel. Aber schon nach 2 Wochen waren sie nicht wieder zu erkennen.
Um herauszufinden, wie es nun mit Mutter und Kind weitergehen soll, wurde der bereits erwähnte Hausbesuch durchgeführt. Die Armut, die unsere Sozialarbeiter dort vorfanden, war erschreckend: In einer kleinen Lehmhütte gibt es ein Bett mit einer zerschlissenen Matratze, auf der die Großeltern schlafen. Die Kinder schlafen auf dem Boden. Die Felder rundherum sind trocken, es wächst nur ein bisschen Mais. Vor langer Zeit, so erzählt die Großmutter, gab es hinter dem, Haus einen kleinen Back, die Felder waren grün, und es konnte 2x im Jahr geerntet werden. Aber der Bach ist seit vielen Jahren versiegt. Der jüngste Bruder ist der einzige, der ein wenig Geld verdient: er hat ein uraltes Mofa, das als Taxi umfunktioniert ist. Das Einkommen reicht natürlich hinten und vorne nicht aus, und so gibt es lediglich eine Mahlzeit am Tag, manchmal auch nur Wasser.
Dies ist die Realität, mit der wir täglich konfrontiert sind.
Mit Eurer finanziellen Unterstützung schenkt Ihr uns auch Kraft, denn wir spüren, dass wir nicht alleine sind. Wir danken allen für das Mittragen. Mit allen Kindern und Müttern wünschen wir Euch ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes, gesegnetes Jahr 2014.

Eure
Irene