Offene Briefe 2011

Vorstandschaft Aktion Solidarität

Aktion Solidarität

Tirschenreuth im Dezember 2011

Liebe Pateneltern, liebe Mitarbeiter und Freunde!

Es ist Advent - es ist Zeit allen unseren Mitgliedern, freiwilligen Helfern und Spendern ein herzliches Vergelt’s Gott zu sagen. Dank Ihrer Hilfe konnten wir wieder einige Projekte unterstützen.
Im Frühjahr packte Frau Dr. Schraml 1 Container ins Krankenhaus nach Usa River (Tansania). Wir konnten 10 Nähmaschinen und Schuhe beiladen. Ins Kinderheim nach Nairobi (Kenia) schickten wir wieder Kinderbetten (Brief von Frau Irene Baumgartner liegt bei). In das Altenheim in Adony (Ungarn) haben wir 2 Nähmaschinen, Wäsche und Kleidung gebracht. Schwester Annie dankt uns und wünscht frohe Weihnachten. Im Juli konnten wir unseren 40 Fuß Container (12,5 m lang) laden. Es regnete während der gesamten Ladezeit in Strömen. Deswegen besonderen Dank an alle Helfer. Der Container ist Ende November gut angekommen. Über den Inhalt freuten sich Pater Danko und Dr. Uta Düll. Briefe liegen bei. Ein Lastwagen mit Hilfsgütern, warmen Decken, Kleidung, Schulbänke und Krankenhausbedarf ging an 2 Gemeinden im Kosovo. Der zuständige Pfarrer und die Schwestern danken herzlich und wünschen frohe Weihnachten.
Ein besonderer Dank allen Pateneltern für die wertvolle Unterstützung der Kinder sowie den aktiven Helfern und großzügigen Spendern. Wir freuen uns, hoffen auch weiterhin auf Ihre Mitarbeit, Unterstützung und gute Zusammenarbeit. Frohe Weihnachten und ein gesegnetes gutes neues Jahr in Frieden und Freude.

Aktion Solidarität
Anneliese Müller, Günter Kopf, Geroldine Ondrusek



Pater Danko Litrić SDB

Pater Danko

Weihnachten 2011

Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler, liebe Kinder,
liebe Mitglieder und Freunde der „Aktion Solidarität“,

Advent 2011 - Zeit des Wartens, der Besinnung, Zeit der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest ... und für mich auch Zeit zum Danken.
Danken will ich allen, allen, die unsere Arbeit hier in Rwanda mittragen, allen, die uns über die „Aktion Solidarität“ mit Spenden unterstützen, allen Mitarbeitern und Helfern. Allen Pateneltern für Ihre Treue und kontinuierliche Hilfe, denn mit Ihren regelmäßigen Beiträgen können wir den Kindern die Schulausbildung ermöglichen und somit den ärmsten Familien helfen. Danke. Nun haben wir die wunderbare Nachricht erhalten, dass die „Pfarreispatzen“ mit Herrn Fritsch und die Schauspiel- und Tanzgruppe der Mittelschule mit Frau Stangl das Musical „Joseph - ein echt cooler Träumer“ einstudiert und viermal aufgeführt haben. Sie konnten damit über 3.000 € Spenden sammeln und wollen mit dem Geld armen Kindern in Rwanda den Schulbesuch ermöglichen. Wunderbar, diese Idee und Euer Einsatz für Kinder, die sehr oft wirklich Not leiden. Sehr, sehr gerne werden wir Euren Wunsch erfüllen und so viele Kinder wie nur möglich in die Schule schicken. Für Euren Einsatz danke ich Euch auch im Namen dieser Kinder, und z.T. auch ihrer Mütter und Väter, ganz herzlich - und natürlich auch Euren Eltern, Lehrern und allen, die hinter den Kulissen fest gearbeitet haben.
Ja, da bin ich gleich bei unseren armen Kindern mit ihren kranken Müttern, die hinter der Mauer unseres Jugendzentrums Gatenga leben und von den Schwestern, den „Freundinnen der Armen“, betreut werden. Viele dieser Kinder waren noch nie in einer Schule - ihnen soll Eure Hilfe den Weg ins Leben öffnen. Auch die Kinder in Gikongo, wo Frau Dr. Düll arbeitet, wollen wir nicht vergessen! Euch allen Danke.
Der große Container (40“, ca. 12,5 m), den Mitarbeiter der „Aktion Solidarität“ im Juli gepackt haben, hat nun die weite Reise, sowie alle Formalitäten gut überstanden und ist pünktlich zum Advent bei uns eingetroffen. Mein herzlichster Dank geht an alle Helfer und Spender, die diesen Transport wieder möglich gemacht haben. Wir können nur Ihre Hilfe an unsere Armen, Kinder und Alten weitergeben und vielen eine besondere Weihnachtsfreude bereiten. Einen Teil der Lieferung wollen wir auch wieder an das Krankenhaus in Gikongo zu Frau Dr. Düll weiterleiten. Auch die Schwestern mit ihren Behinderten freuen sich schon auf richtige Krankenbetten mit Matratzen und Decken. Die Schüler der neuen „Muhazi Schule“ über Schulmaterial, Werkzeug, Baumaterial und Nähmaschinen etc. wir werden wieder mehreren Mädchen und Müttern eine Nähmaschine überlassen können. Danke.
Im Gefängnis Kimironku sind auch weiterhin viele Menschen inhaftiert. Schon im November, als ich dort die hl. Messe feierte, freuten sie sich auf Weihnachten. „Da werden wir wieder Reis essen“ - und ich freue mich, dass ich ihnen durch Ihre Hilfe wieder einige Säcke Reis zukommen lassen kann. Danke.
So will ich Ihnen allen - auch im Namen unserer armen Freunde und Waisenkinder, ein frohes und gnadenreiches Weihnachtsfest wünschen. Wir werden gemeinsam bei der Krippe das göttliche Kind um seinen Schutz und Segen für Sie alle und Ihre Familien bitten. Möge das kommende Jahr ein Jahr der Freude und des Friedens für uns alle sein.

Ihr dankbarer
P. Danko



Dr. Uta Elisabeth Düll

Dr. Uta Elisabeth Düll

Dezember 2011

Liebe Mitglieder der „Aktion Solidarität“ Tirschenreuth,
liebe Freunde, Helfer und Sponsoren, liebe Kinder,

Rwanda hat große Visionen. Alle Kinder sollen neun Pflichtschuljahre absolvieren - sehr gut, doch es fehlen noch Schulen. Dank vieler Spender konnten auch wir den Bau einer Schule übernehmen - aber für das nächste Schuljahr fehlen schon wieder Schulräume. Wer hilft uns nun weiter? Auch wir konnten mit ihrer Hilfe Baumaterial besorgen und unser kleiner Bautrupp half alten, kranken und behinderten Menschen sowie allein stehenden Müttern beim Bau eines Häuschens. Auch mit Matratzen, Decken und Geschirr konnten wir helfen. Dafür danken wir Ihnen.
Im Januar ermutigten wir unsere Bevölkerung ihren Pflichtbeitrag - 1.000 FRW pro Kopf, für die Krankenkasse zu bezahlen. Gut 70 % taten dies auch, wie schon seit Jahren - viele mit ihren letzten gesparten Reserven. Nun wurde der Beitrag auf 3.000 FRW erhöht - pro Kopf und Jahr. Für unsere Bevölkerung schlicht eine Illusion. Für uns ein weiteres Problem.
Manchmal sind wir auch stolz auf das Erreichte: Z.B. der kleinen Tyizere kam mit Behinderungen auf die Welt. Er hatte einen Wasserkopf, einen offenen Rücken, was zu einer Lähmung der Beine und der Blase führte. Dazu noch Klumpfüßchen. Vor einem guten Jahr haben wir den Kleinen im Alter von einem Jahr operiert. Ein Shunt leitet nun das Gehirnwasser ab. Trotz einer zweitägigen Anreise, z.T. zu Fuß, z.T. auf einem Fahrradsitz, z.T. mit einem Sammeltaxi, kam die Mutter regelmäßig zur Kontrolle. Nun sind beide erneut stationär bei uns. Mit Gipsverbänden konnten wir die Klumpfüßchen korrigieren und haben mit Blasentraining begonnen. Schon im Gips machte der Kleine Gehversuche. Inzwischen haben wir ihm Schienen angepasst, und nun will er nicht mehr im Kinderwagen sitzen und ist ganz stolz, dass er laufen kann - und wir alle mit ihm. Und so gibt es auch den kleinen Kizito und viele andere Kinder, denen wir in unserem Krankenhaus helfen konnten. Dank Ihrer Hilfe.
So danken und bitten wir Sie aber auch weiterhin um Ihre Hilfe und Solidarität, für den Kauf von Medikamenten und OP-Material, für Nahrungsmittel für die Patienten, die unterernährten Kinder, die es immer wieder gibt.
Wir wünschen Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes gesegneten Jahr 2012.

Ihre
Dr. Elisabeth Uta Düll



Pater Danko Litrić SDB

Pater Danko

Ostern 2011

Liebe Pateneltern, liebe Lehrer und Schüler,
liebe Kindergarten-Kinder mit ihren Eltern und Lehrerinnen,
liebe Mitglieder, Mitarbeiter und Freunde der Aktion Solidarität!

An erster Stelle möchte ich mich bei Ihnen allen für Ihre großherzigen Weihnachtsgaben bedanken, für alle Spenden und materiellen Hilfen. Mein besonderer Dank geht an die Schulleitungen, Lehrer und Schüler sowie die Kindergärten, die sich seit Jahren bemühen mit aufwendigen Aktionen „Geld zu verdienen“ und damit unseren armen Kindern den Schulbesuch ermöglichen, oder eine warnie Mahlzeit am Tag schenken. Möge der Gute Gott Euren Einsatz reich belohnen. Auch den Mitarbeitern und Helfern der Aktion Solidarität aufrichtigen Dank für den großen Container voller Hilfsgüter, der vor 2 Wochen gut angekommen ist. Die Sachen für das Krankenhaus in Gikonko (Dr. Uta Düll) konnten wir gleich dorthin bringen.
Mehrere Frauen aus der Selbsthilfegruppe lernen bereits nähen und werden am Ende des Kurses eine Nähmaschine erhalten, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
An Ostern wollen wir an die Ärmsten und ihre Kinder neben Lebensmitteln auch Kleidung und Schuhe ausgeben. Auf die Schultische und Stühle freuen sich schon unsere Schüler und das Jugendzentrum Gatenga auf das Mähwerk.
Für allen Einsatz ein herzliches „Vergelt’s Gott“. Wir wollen Sie mit unseren Kindern und Armen in unsere täglichen Gebete einschließen und den Segen des Auferstandenen Herrn erbitten.
Ein frohes und gesegnetes Osterfest wünscht Ihnen und Ihren Familien

Ihr dankbarer
Danko Litrić



Dr. Uta Elisabeth Düll

Dr. Uta Elisabeth Düll

Ostern 2011

Liebe Mitglieder und Helfer der Aktion Solidarität,
liebe Wohltäter unseres Gesundheitszentrums Gikonko,

im Namen unserer Patienten, Mitarbeiter und Kinder möchte ich Ihnen allen für die umfangreiche „Beiladung“ im Container für unser Gesundheitszentrum danken.
Zum Schulanfang konnten wir wieder, dank Eurer reichen und guten Kleiderspenden, mehr als 500 Schulkinder einkleiden und mit 2000 Heften und Stiften versorgen. Sie freuten sich sehr. Zu oft können die Eltern nicht einmal die Minimalausstattung für die Schule bezahlen. Wenn es dann dazu noch einen Anorak oder eine echte Jeans gibt, ist das Fest perfekt. Ganz lieben Dank auch im Namen der Kinder.
Die soziale Lage im Land wird immer kritischer. Eine Krankenversicherung ist sicher eine gute und nützliche Sache, doch 3000 FRW (ca. 4-5 €) pro Kopf und Jahr sind für Familien, die nur vom Ertrag ihrer kleinen Felder leben, für alleinerziehende Mütter oder alte Menschen, eine Überforderung.
So sehen wir wieder mehr und mehr Menschen, die für ihre med. Versorgung auch nicht den Minimalbeitrag zahlen können, sehen Menschen, auch erwachsene Patienten, die unterernährt sind, Obdachlose usw. Normalerweise ist Nachbarschaftshilfe eine Tugend der Rwandesen, aber es gibt ein Maß an Elend, das auch diese Soforthilfe übersteigt.
Sie helfen uns, bei all diesen Anforderungen großzügig zu helfen. Dafür ein großes Dankeschön.
Gottes Segen und ein frohes Osterfest wünscht Ihnen allen

Dr. Uta Düll



Irene Baumgartner

Pater Danko

Nairobi, 22. November 2011

Liebe „Nesterl-Bauer“ von nah und fern (eher fern!)!

Mit dieser (liebevollen) Anrede will ich Euch heuer mit unserem Weihnachtsbrief grüßen! Wir sind in der Tat eifrig am Werkeln, der Bau macht zügig Fortschritte und wenn alles gut geht werden wir Ende Januar ins neue Babyhaus einziehen können! Das sind doch mal gute Nachrichten, nicht wahr?
Nach all den Jahren des Sparens und um Spenden Bittens, des Planens und der Vorbereitung, nach unzähligen, wirklich sehr frustrierenden Behördengängen, und dem Bangen ob es denn nun endlich klappt mit den vielen gesetzlich vorgeschriebenen Baugenehmigungen, können wir es nun kaum mehr erwarten unsere Babys im neuen Haus rumkrabbeln zu sehen! Wir betreuen im Moment 32 Babys im Half-Way Haus. Die Hälfte dieser Säuglinge ist bei uns, weil ihre Mütter im Gefängnis sind. Die anderen Babys wurden an allen möglichen Stellen, wie z.B. in Krankenhäusern, am Straßenrand, in Sammeltaxis, im Abfall oder gar in Latrinen ausgesetzt. 8 Babys wurden aus einem anderen Heim, das wegen Missständen geschlossen wurde, vom Jugendamt zu uns gebracht. Diese Kinder sollten wohl an ausländische Adoptiveltern vermittelt werden, denn sie waren alle so um ein Jahr alt. Ausländer dürfen seit Neuestem nur noch behinderte Kinder und Kinder, die älter als ein Jahr sind, adoptieren. Das ist eine der Maßnahmen, mit denen die einheimischen Adoptionen gefördert werden sollen. Wir bekommen oft Anfragen, wie eine Auslandsadoption abläuft. Das kann man alles im Internet nachlesen, nur so viel: es ist sehr Zeit aufwendig; ein Elternteil muss sich mit dem Kind mindestens 8 Monate in Kenia aufhalten und außerdem teuer, etwa 2,500 $ sind allein an die kenianische Agentur zu bezahlen. Dem Heim werden nur die Kosten für die medizinische Voruntersuchung zur Adoptionseignung ersetzt, sonst nichts. Für kenianische Eltern ist alles natürlich wesentlich billiger, ungefähr 100 €. Etwa 80 % unserer Adoptivkinder werden an einheimische Eltern vermittelt. Wir jedenfalls freuen uns immer sehr, wenn wir eines unserer Kinder liebevollen Eltern in die Arme legen dürfen!
Die Besitzerin jenes Heims, das etwa 3 Stunden Fahrtzeit von Nairobi entfernt ist, überzeugte einige Jugendamtsangestellte ausgesetzte Babys aus ganz Kenia in ihr Heim einzuweisen. Auch das für uns zuständige Jugendamt überwies Babys dorthin, obwohl es in unserer Umgebung genügend gute Kinderheime gibt, die die Babys hätten aufnehmen können. Leider erhielten die Kinder in diesem Heim nicht die nötige medizinische Versorgung. Eines der Babys ist jetzt blind. Sie war von ihrer Mutter gleich nach der Geburt in die Latrine geworfen worden. Dabei wurden die Augen verätzt. Als wir die inzwischen 1½ Jahre alte Kleine gleich am Tag nach der Aufnahme zum Spezialisten brachten, wurde uns bestätigt, dass das Augenlicht hätte gerettet werden können, wenn nur rechtzeitig die richtige Behandlung eingesetzt hätte. Nun sind die Augen so vernarbt, dass nur hell und dunkel unterschieden werden kann. Trotzdem wollen die Ärzte demnächst versuchen, eine Operation an dem besseren Auge durchzuführen. Wieso die Adoptionsagenturen, die mit diesem Heim zusammengearbeitet hatten und die Behörden fast ein Jahr lang nicht eingeschritten sind und dem Leiden der Kinder zusahen, ist unverständlich. Denn auch die anderen Kleinkinder aus diesem Heim waren in einem sehr traurigen Zustand. Keines konnte stehen, denn sie waren alle unterernährt und schwach. Es dauerte Tage bis sie zum ersten Mal lächelten oder überhaupt auf Zuwendung reagierten. Es sind diese Kinder, denen wir für wenigstens eine kurze Zeit ein liebevolles Zuhause schenken wollen.
Nicht nur die Kinder, sondern auch die Betreuerinnen unserer Babys freuen sich auf die besseren Arbeitsbedingungen und auf ihre Angestelltenunterkünfte. Endlich wird es genügend Platz um die neuen oder kranken Kinder von den anderen zu trennen geben, und genügend Freiraum zum Krabbeln und Spielen, einen kindgerechten Spielplatz, ein auf die Bedürfnisse von Babys ausgerichtetes Bad, eine eigene „Fläschchenküche“! Wie bereits in meinem Brief vom August erwähnt, sind die Lebenshaltungskosten so teuer geworden, dass für manche der Angestellten schon die monatlichen Fahrt- und Mietkosten gut 2/3 des Lohnes verschlingen. Da bleibt nicht mehr viel übrig für Essen und Schulgeld oder Arztkosten. Die Löhne wurden heuer zweimal erhöht um die Inflationsrate wenigstens ein bisschen auszugleichen. Wir beschäftigen inzwischen 51 fest angestellte Mitarbeiter. Das ist ein nicht zu unterschätzender Beitrag unserer Spender zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung hier. Die meisten unserer Angestellten wissen es wohl zu schätzen, dass sie ihren Monatslohn immer pünktlich erhalten und unfallversichert sind, dass das nötige „Rüstzeug“ zur Durchführung ihrer Aufgaben bereitgestellt wird, und dass im NEST Arbeitnehmerrechte anerkannt und eingehalten werden. Denn es ist hier durchaus keine Selbstverständlichkeit, dass z.B. der Lohn auch bei Krankheit fortgezahlt wird, dass Mutterschutzfristen, Kündigungszeiten und Arbeitsstundenzahl eingehalten werden, oder auf dringende Familienangelegenheiten Rücksicht genommen wird. Und so können im nächsten Jahr einige unserer Angestellten 5, 10 und zwei von ihnen sogar 20 Jahre NEST Arbeitsjubiläum feiern!
Und zu diesem Thema gleich noch eine gute Nachricht: Unser Angestelltenhaus in Limuru konnte im April bezogen werden. Es beherbergt jetzt die Leiterin des Kinderheimes, eine junge Krankenschwester in Ausbildung, die Nest eigene Lehrerin, den Hausmeister, und den Hausvater der Buben. Die Sicherheitslage in Limuru ist schlecht und gute Wohnungen rund ums Heim sind sehr schwer zu kriegen. Das Angestelltenhaus schafft hier Abhilfe und ist deshalb ein wichtiger Schritt zur Nachhaltigkeit. Allerdings wird es immer schwieriger, gut ausgebildete Arbeitskräfte zu finden, die sich im sozialen Bereich betätigen wollen. Diejenigen, die eine gute Ausbildung genossen haben, und Kontakte im Ausland besitzen, verlassen das Land oder sichern sich hoch bezahlte Jobs oder gründen ihr eigenes Unternehmen. Seit unsere Krankenschwester im letzten Jahr in Pension ging, ist es uns trotz größter Anstrengung nicht gelungen, sie durch eine erfahrene Schwester zu ersetzen. Das ist nicht nur für die Kinder im Heim schlimm, sondern auch für die Mütter mit ihren Babys, die wir wöchentlich im großen Frauengefängnis in Nairobi betreuten. Laut Aussage des Gesundheitsministeriums fehlen in Kenia bis zu 60.000 Krankenschwestern und 40.000 Ärzte im Land. Viele wandern aus nach Amerika, England oder Australien, wo sie bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Der Staat erhält Subventionen aus ausländischen Quellen und bezahlt medizinisches Personal inzwischen recht gut, Arbeitszeiten und Pensionsansprüche sind ausgewogen. Und deshalb wollen die „übrig gebliebenen“ Krankenschwestern entweder in den Luxuskrankenhäusern arbeiten oder vom Staat angestellt werden. Ärzte verdienen nach wie vor zu wenig und sind deshalb oft nicht an ihrem Arbeitsplatz im Krankenhaus zu finden. Ihre Haupteinnahmequelle ist die nebenbei geführte Privatpraxis. Für Dezember ist wieder ein Generalstreik der Ärzte angesagt, sie möchten eine 400% Erhöhung ihrer Bezüge erreichen.
Es ist auch nicht leicht gute und engagierte Lehrer und Sozialarbeiter aufzutreiben. Erst mal sind die Studienvoraussetzungen ziemlich niedrig angesetzt: mit einem Durchschnittsabitur von 4,5 kann man Lehramt und Sozialarbeit studieren. Für viele, die eigentlich in besser bezahlte Berufe einsteigen wollten, ist so ein Studium dann der Ausweg. Und auch hier gilt: Wer Beamter werden kann oder bei einer der internationalen Nichtregierungsorganisation oder gar bei der UN eine Stelle ergattern kann, der ist von einem Tag zum anderen weg aus dem NEST! Was auch gut verständlich ist! Denn dort ist die Bezahlung viel besser, es gibt bis zu 8 Wochen Ferien, man kann „nebenbei“ dazu verdienen und es während der Arbeitszeit auch mal „schleifen“ lassen! Einige der einheimischen Eltern, die aus dem NEST Kinder adoptierten, verdienen 8-10.000 € und erhalten dazu Vergünstigungen wie Steuerfreiheit, Mietzuschuss, Schulgeldzuschuss etc. Leider besteht bei den Reichen hier keine „Spendenkultur“ wie bei uns und es ist äußert selten, dass so jemand einmal eine Spende vorbei bringt, und wenn, dann sind es oft nur ein paar alte Kleider oder ein Päckchen Kekse. Vielleicht kümmern sie sich um ärmere Verwandte oder Clanmitglieder und ziehen hier die Grenze ihrer Hilfsbereitschaft.
Das Gefälle zwischen arm und reich wird, wie überall auch in Kenia immer größer. Die Preise für Land sind in Nairobi sind in den letzten Jahren unheimlich schnell in schwindelnde Höhen gestiegen und können mit denen in deutschen Großstädten durchaus mithalten. Trotzdem herrscht seit etwa 2 Jahren ein Bauboom in und um die größeren Städte, das man meinen könnte das Geld würde vom Himmel regnen (ich kenn' mich je ja gut aus in Sachen Baukosten!). Dieser Boom beschert natürlich Arbeitsplätze, aber der Verdienst eines Bauarbeiters ist sehr niedrig. Zur gleichen Zeit steigen die Preise für Grundnahrungsmittel ins Unermessliche. Im Augustbrief erwähnte ich, dass es keinen Zucker mehr gibt. Seit 4 Wochen kann man ihn wieder vereinzelt in den großen Supermärkten kaufen - für 2 € pro kg. Das ist die Hälfte der Bevölkerung unerschwinglich! Gestern wurde verkündet, dass der Benzinpreis ab heute 125 Sh betragen wird, das ist 1 € pro Liter. Da werden nicht pur die Lebensmittel, sondern auch die Strompreise wieder anziehen. Kerosin, mit dem viele der ärmeren Leute kochen, kostet jetzt 104 Sh. Da muss man schon ein Lebenskünstler sein, um jeden Tag eine warme Mahlzeit auf den Tisch zu kriegen. Ich bewundere die Leute für ihre Geduld und Leidensfähigkeit.
Wir Jedenfalls haben noch genug Zucker auf Lager, weil ich gleich nach meiner Rückkehr im August drei 50 kg Säcke gekauft hatte. Unsere Kinder in Limuru, zurzeit sind wir auch dort mit 84 Kindern völlig überbelegt, merken Dank der Großzügigkeit unserer Spender nichts von der Krise. Sie gehen mit Freude in unsere kleine Schule, basteln und singen schon für Advent und Weihnachten, haben genug zu Essen und genießen unseren schönen Spielplatz. Und das ist gut so, denn wieder erzählen ihre Geschichten von Not und Hunger, von Misshandlungen und Krankheit. Inzwischen sind die vielen unserer Mütter wegen Kindesvernachlässigung im Gefängnis, nur mehr ein Drittel wegen kleiner Gesetzesübertretungen - wie außerhalb der Bushaltestelle aussteigen, Warenverkauf am Straßenrand, Streit mit den Nachbarn, Vagabundieren (Obdachlosigkeit), Prostitution oder kleinere Diebstähle. Wenn wir dann Hausbesuche durchführen wird schnell klar: hier geht es um Armut, Resignation, Hoffnungslosigkeit. Erst gestern stand wieder ein Artikel in der Tageszeitung (The Daily Nation) in der so ein typischer Fall beschreiben wurde: die Mutter von 3 Kindern wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt, weil sie ihre Kinder nicht zur Schule schickte. Sie gab an, dass sie das Schulgeld (30 € pro 3 Monate) und die Schuluniform nicht bezahlen könne. Die Kinder sind nun im Kinderheim und die Mutter ist für 3 Jahre weggesperrt.
Vor ein paar Tagen erreichte uns der Hilferuf eines Lehrers aus einem Dorf in der Nähe. Es gäbe da Kinder, die nur mehr selten zur Schule kämen und immer hungrig seien. Als unsere Sozialarbeiterin einen Hausbesuch machte, fand sie folgende Situation vor: In einer Hütte aus Wellblech, vielleicht 12 qm groß, wohnen 8 Personen: der Großvater, der sehr krank und bettlägerig ist, die Großmutter, die nur mehr gebeugt gehen kann, die Mutter, die ganz abgemagert ist und nur verwirrtes Zeug redete, 5 Kinder im Alter von 3 bis 10 Jahren, alle unterernährt. Dazu dann 1 jährige Zwillinge, eines der Mädchen wog 3,5 kg und das andere 4,2 kg. Das Mobiliar bestand aus einer alten Kommode und 2 Hockern, einem Bett, das sich der kranke Großvater und die Großmutter teilen und einem Kochtopf. Die Zwillinge brachten wir sofort ins Krankenhaus, die Mutter vermittelten wir an eine AIDS Beratungsstelle, denn ihr Mann starb letztes Jahr an AIDS und für den Rest der Familie stellt die Sozialarbeiterin in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde einen Plan zur Unterstützung auf.
Am gleichen Tag rief uns der Pastors einer kleinen evangelischen Gemeinde an und bat um Hilfe: In einem Nachbarhaus wurde ein Baby in der Latrine gefunden. Die Leute dort holten nach mehreren vergeblichen Versuchen an das Kind zu gelangen die Feuerwehr. Die gruben einen Gang nach unten und einer der Männer seilte sich ab und grub sich, unter eigener Lebensgefahr, zu dem Baby vor. Dreimal wollten die Retter die Aktion abblasen, denn das Baby lag reglos und lautlos da. Aber jedes Mal als die Männer aufgeben wollten, fing die Kleine wieder an zu wimmern. Und so wurde sie tatsächlich gerettet und ins nahe gelegene Staatskrankenhaus gebracht. Dort ist die medizinische Versorgung allerdings so schlecht, dass der Pastor Angst hatte, dass das Baby nicht überleben würde. Und so wandte er sich an uns mit der Bitte um Unterstützung. Nun begann ein aufregender Kampf um die Rechte der Kleinen. Das Jugendamt hatte zwar bereits bei uns um einen Platz angefragt, aber die Ärzte und die Oberschwester des Krankenhauses weigerten sich hartnäckig, das Baby in das private Kinderkrankenhaus zu überführen. Dieses wäre für Behandlung von Säuglingen gut ausgerüstet, und eine mit dem NEST befreundete Ärztin hatte ihre Dienste bereits umsonst angeboten. Die Kleine brauchte Sauerstoff, aber im staatlichen Krankenhaus es gab keine Maske in ihrer Größe, sie brauchte eine Bluttransfusion, aber die Konserve kam erst nach drei Tagen an. Die hygienischen Zustände in dem kleinen Raum, in dem noch 22 andere schwerkranke Säuglinge in 5 Bettchen lagen, waren katastrophal. Der Pastor wurde nicht mehr vorgelassen, er durfte das Baby nicht besuchen. Der zuständige Jugendamt Beamte war meistens so betrunken, dass er nicht arbeiten konnte, und die Schwestern wurden immer unfreundlicher zu unserer Sozialarbeiterin. Diese war jeden Tag vor Ort, musste stundenlang warten, und sich allerhand beleidigende Bemerkungen anhören. Inzwischen ging es der Kleinen immer schlechter. Am Schluss rief ich beim Direktor des Landesjugendamtes an und schilderte die Lage. Das hat mir natürliche einiges an Feindseligkeiten von Seiten der Beamten eingebracht, aber es kam endlich Bewegung in die Sache. Nach einer Woche Frust und Stress gelang es uns, endlich die Kleine mit der Ambulanz ins Kinderkrankenhaus zu bringen. Dort wurde gleich festgestellt, dass sie neben einer argen bakteriellen Infektion auch noch einen schweren Herzfehler hat. Sie hatte bereits 1 kg von ihrem Geburtsgewicht verloren und war dem Tode nahe. Nun aber hat sie eine gute Überlebenschance. Sobald die Infektion abgeklungen ist, möchten die Ärzte operieren und die Familie des Pastors will sie adoptieren. Wir werden versuchen, den jungen Mann ausfindig zu machen, der sein Leben riskiert hat um die kleine Ruth zu retten. Denn es wird immer nur über das Schlechte berichtet, obwohl es doch viel wichtiger wäre, so eine Tat in der Öffentlichkeit zu loben!
Leider sind die Zeitungen im Moment voll mit schlimmen Nachrichten: die Inflation und hohen Benzinpreise zeigen nicht nur im Alltag ihre Auswirkungen, auch alle Dienstleistungen, das Schulgeld, Wasser und Strom etc. werden immer teurer. Der Krieg gegen die Rebellen in Somalia fordert seine Opfer, und zieht unter anderem, eine Welle der Zerstörung hier in Nairobi nach sich. Es werden nämlich seit etwa einer Woche aus Sicherheitsgründen Dutzende von Häusern und Hunderte von Slumhütten niedergerissen, die sich in der Einflugschneise des Flughafens befinden. Die Menschen sind verzweifelt und stehen von einer Stunde auf die andere auf der Straße. Wer Glück hatte, konnte noch ein paar Habseligkeiten retten, bevor die Bulldozer ihr Werk verrichteten. Viele der Hauseigentümer behaupten, dass sie ordnungsgemäße Grundbucheintragungen haben, alle nötigen Baugenehmigungen eingeholt haben und manche wohnen bereits seit Jahren in diesen Wohnvierteln. Sogar ein Hotel, das erst kürzlich mit großem Pomp vom Minister für innere Sicherheit offiziell eröffnet wurde, soll heute abgerissen werden. Das Ganze ist anscheinend die Folge von Korruption in verschiedenen Ministerien, und man kann sich gut vorstellen, welche Stimmung diese Aktionen in der Bevölkerung hervorrufen.
Nun aber nochmals zurück zum NEST und ein paar Zahlen zum (fast) vergangen Jahr: Wir konnten etwa 120 Kindern und ihren Müttern zu einem Neustart verhelfen und 10 Babys an Adoptiveltern übergeben. Unsere Sozialarbeiterin hat über 100 Frauen im Gefängnis beraten und unterstützt. Wir hatten 22 Kinder im Krankenhaus, davon 12 Babys mit Masern und mussten bzw. müssen 14.000 € für die Kosten aufbringen. Es hat uns sehr getroffen, dass eines unserer jüngsten Babys, trotz aller Bemühungen auf der Intensivstation verstorben ist. Meine Heimleiterin und ich konnten sie am Morgen ihres Todestages noch taufen. Sie hatte so gekämpft! Ein Leben so kurz, ohne Mutter und Vater, die am Grab trauern. Mein Herz war so schwer, als wir den kleinen Sarg in die Erde legten. Der Pfarrer sagte in der Ansprache: Wir müssen dankbar sein, dass dieses Kind in ihrem kurzen Leben so viel Liebe erfahren hat. Die Liebe und Fürsorge, die Kontinente überspannt, kennt keine zeitliche Begrenzung, sondern ist Teil der Ewigkeit.
Unsere Häuser sind immer voll besetzt, und voller Leben! Die Freiwilligen aus aller Welt bringen neue Ideen und neuen Wind ins Team! Die Probleme und Frustrationen, die wir durch die Behörden erleiden, werden bei Weitem durch die Freundlichkeit und Großzügigkeit und Ermutigungen unserer Spender ausgeglichen! Und das erste Lachen der Kinder, die oft völlig verschüchtert und todkrank zu uns kommen entschädigt uns für alle Sorgen! Wir danken Gott und freuen uns. Euch allen wiederum gesegnete Weihnachten und ein gesundes, friedvolles Neues Jahr wünschen zu können! Vergelt's Gott Euch für Eure Treue und Freundschaft. Vor allem an die, die uns persönlich verbunden sind, und an die, die uns hier besucht und ermutigt haben, schicken wir herzliche Grüße! Ihr habt uns ein weiteres Jahr auf unserem Weg begleitet und mit Rat und Tat beigestanden! Aus dieser Sicherheit heraus erwächst die Kraft um allen Widrigkeiten zum Trotz weiterhin für die Rechte unserer Kinder einstehen zu können!

Eure
Irene Baumgartner